Was die Gewinnmargen treibt – Teil 1

Zwischen meinen Unternehmensanalysen, die ja oftmals etwas länger brauchen, heute eine kleine Betrachtung zu Erfolgsfaktoren die sich auf die Margen niederschlagen. Einige mögen klar sein, andere übersieht man schnell – aber trotzdem ist es bei jeder Analyse wichtig, diese langfristigen Erfolgsfaktoren so gut wie es geht zu berücksichtigen. Insbesondere sind einige dieser Faktoren unabhängig von der Marktlage, die sich schnell ändert und die Börseneinschätzung verzerren kann. Insofern ist dies meine Checkliste, und wem weitere Aspekte einfallen -> einfach Kommentar abgeben, ich bin lernwillig  😎

Gewinne werden erzielt, indem man höhere Einnahmen als Ausgaben hat. Insbesondere treibt es die Margen an, wenn man Kunden dazu bekommt, mehr als nötig für ein Produkt zu zahlen, wofür es wiederum etliche Strategien gibt. Teil 1 befasst sich daher mit der Frage, wodurch sich auf der Einnahmeseite des Unternehmens besonders gute Gewinne machen lassen, Teil 2 wird sich den Kosten widmen.

Einnahmenseite

  • Produktkosten sind für den Kunden (im Verhältnis zum Nutzen) gering

    Die Idee dieses Faktors ist denkbar einfach: Ist der Preis eines Produktes sehr niedrig, verglichen mit den gesamten Kosten/Einkommen des Kunden, so wird dieser weniger Aufwand betreiben um ein günstigeres Angebot zu finden. Wichtig ist der Zusatz “im Verhältnis zum Nutzen” . Wenn der Nutzen ebenfalls gering ist, besteht ein hohes Risiko, dass das Produkt gar nicht nachgefragt wird. Wenn aber im Supermarkt die Packung Salz 19 Cent kostet gehe ich nicht zum Nachbarsupermarkt weil es dort für 17 Cent angeboten wird. Zudem eröffnen sich gerade hier die Chancen für Markenprodukte: Weil das Kosten-Nutzen Verhältnis ohnehin gut ist, besteht ein höherer Rahmen für die Preissetzung, sofern man den Kunden von der relativen Vorteilhaftigkeit genau dieses Produktes überzeugen kann. Im Salzbeispiel besonders deutlich: das Markenjodsalz kostet bei meinem Netto nebenan tatsächlich 79 Cent, also mehr als das vierfache des normalen Salzes (Falls es da außer der Verpackung einen Unterschied gibt, kann ihn mir jemand sagen???). Für ein so homogenes Gut wie Speisesalz könnte man niemals den vierfachen Preis als Markenaufschlag verlangen, wenn nicht für viele auch die 79 Cent nur ein Kleckerbetrag wären.

    Macht der Preis aber einen hohen Teil des Einkommens aus, hat der Kunde ein hohes Interesse daran den Preis zu drücken und sogar einigen Aufwand dafür in Kauf zu nehmen. Wenn man ein Auto kauft (und nicht gerade Kuwaitischer Scheich ist) wird man sicherlich tagelang Informationen einholen, Autos vergleichen, mit Freunden und Kollegen diskutieren und am Ende immer noch mit dem Händler um den Preis feilschen. Und in der Autoindustrie sieht man auch den Effekt: Die Volumenhersteller haben Probleme angesichts der schwachen Margen, während Porsche, Audi und BMW die Renditeperlen sind – denn für ihre Kunden ist der Preis relativ zum frei verfügbaren Einkommen weniger wichtig als für den Käufer eines Fiat.
    Ein anderes Beispiel sind Unternehmensberatungen: Für den Chef eines Großkonzerns sind die Kosten im Vergleich zu seinem Umsatz und den vielleicht erhofften Einsparungen/Verbesserungen gering. Wenn man auf die Gehälter und Gewinne in Beratungsfirmen schaut, sieht man aber wie diese einfach überproportional Geld machen, und weit mehr verlangen als eigentlich nötig wäre.

  • Markenstärke

    Die Marke ist vielleicht der bekannteste Faktor, um die Marge hoch zu halten. In Kombination mit den für Kunden relativ niedrigen Kosten können hier gewaltige Vorteile entstehen. Eines der schönsten Beispiele bietet hier die Getränkeindustrie. Getränke sind notwendig und werden von jedem Menschen gebraucht. Allerdings ist der Preis für ein Glas Leitungswasser bei deutlich unter einem Cent, es ist die praktischste Form (kein Flaschenschleppen) und die Qualität in Deutschland meist ausgezeichnet. Wie schaffen es Firmen dennoch, ihr weitgehend identisches Wasser im Supermarkt für mehr als 1€ je Liter zu verkaufen?
    Sie erschaffen eine Marke, mit der Leute positives verbinden. Dann zahlen diese mehr, weil man z.B. nicht als arm auffallen will, der sich nur billiges leisten kann, weil man ein höheres Vertrauen hat oder anderweitig bezüglich der Marke beeinflusst ist. Bekannt ist z.B. der Vergleich von Pepsi und Cola – in Blindtests werden sie gleich bewertet, wenn man aber Pepsi in einem Coca-Cola-Glas serviert schmeckt es auf einmal viel besser als Coke aus dem Pepsi-Glas. Als Anleger daher entscheidend: Wird mit der Marke positives verbunden, sind Leute bereit, dafür mehr zu zahlen?

  • Technologie

    Die Technologie ist zweifellos ein entscheidendes Merkmal von technischen Produkten. Wenn die Technologie besser ist, bedeutet das in der Regel einen Mehrwert für den Käufer, der daher mehr zu zahlen bereit ist. Insbesondere bedeutet es aber nicht zwangsläufig viel mehr Kosten für den Verkäufer, gibt ihm aber ein Alleinstellungsmerkmal für das Produkt und damit die Gelegenheit die Preise zu bestimmen. Außerdem sind viele Entwicklungen durch Patente geschützt, so dass der Vorteil 20 Jahre lang behalten oder sogar weiter ausgebaut werden kann. Das Problem hierbei: Normalerweise sieht die Konkurrenz nicht tatenlos zu, und treibt hier Technik ihrerseits voran. Technologische Vorteile können sich also schneller in Nachteile verwandeln als uns lieb ist, so dass man immer auf der Hut sein muss. Zudem kostet es Geld, den Vorteil überhaupt zu erlangen, daher geht ein hoher Teil der Gewinne wieder in die Forschung und Entwicklung statt zum Aktionär.

  • Wechselkosten

    Wenn dem Kunden (möglichst hohe) Kosten entstehen sobald er den Anbieter wechselt, dann bewegt sich die Preissetzungsmacht in Richtung der Anbieter. Beispielsweise hat eine Verwaltung einen hohen Aufwand zu bewältigen, wenn sie ihre Systeme von Microsoft Windows auf das freie und qualitativ ausreichende Linux umzustellen. Mitarbeiter müssten umgeschult werden (und sind mit anderen Programmen vielleicht erst einmal unproduktiver), der Systemadministrator muss sämtliche Rechner neu installieren, die Daten müssen portiert werden und und und…
    Folglich zahlen Unternehmen weltweit hohe Lizenzgebühren an Microsoft, obwohl es sogar kostenlose Alternativen auf dem Markt gäbe. Aber da der Wechsel mit Kosten und Risiken verbunden ist reibt sich Bill Gates die Hände mit seinem Quasi-Monopol.

    Allgemein ist es für die Gewinne der Firma gut, wenn die Wechselkosten möglichst hoch liegen (Als Kunde entsprechend schlecht). Nehmen wir an, Kunden würden dann wechseln, wenn es sich innerhalb von 10 Jahren rentiert. Dann kann man als Anbieter 10% der Wechselkosten auf die eigentlichen Marktpreise aufschlagen, ohne dass der Kunde wechselt. Es entstehen keine Kosten dafür, das Unternehmen streicht einfach einen Zusatzgewinn ein. Das größte Problem ist, dass dann oft auch die Kundengewinnung schwierig verläuft, Marktanteile also nur langsam oder zu hohen Kosten gesteigert werden können, da die Konkurrenz normalerweise ähnliche Wechselkosten haben könnte (wenn ich von Mac auf Windows umsteige habe ich das gleiche Problem wie von Windows auf Linux).

  • Netzwerkeffekte

    Netzwerkeffekte haben eine ähnlich positive Wirkung wie hohe Wechselkosten, und oft bedeuten Netzwerkeffekte tatsächlich oft höhere Wechselkosten für den Kunden. Ein Netzwerkeffekt besteht dann, wenn dem Kunden ein Zusatznutzen durch eine große Zahl von Nutzern entsteht. Wenn eine Firma in einem Bereich starke Netzwerkeffekte ausnutzen kann, entsteht oftmals eine Art Monopol, das fremde Anbieter kaum aufbrechen können.
    Zum Beispiel wieder Windows: viele Programme werden nur für Windows verkauft, da es aufwendiger ist gleichzeitig auch für Mac und Linux zu testen und zu verkaufen. In der Folge hat es für Nutzer einen positiven Nebeneffekt Windows zu nutzen, der Microsoft keinen Cent kostet. Er ist also eher bereit, wenn bestimmte Programme benötigt werden sogar fast gezwungen Windows einzusetzen. Infolgedessen stieg der Marktanteil von Windows bis es fast ein Monopol wurde. Im mobilen Markt der Apps hingegen hat zunächst Apple und jetzt Google diesen Netzwerkeffekt, wogegen Microsoft enorm investieren muss um Firmen zu überzeugen für Windows8 Phone zu programmieren.
    Der Vorteil ist, dass ein solcher Netzwerkeffekt erst verloren geht, wenn sich der Markt entsprechend ändert und bessere Technologien neue Anbieter nach vorn bringen, oder der Staat eingreift. Solange kann der Anbieter gut verdienen. Allerdings gibt es nur relativ wenige Bereiche, in denen tatsächlich diese Netzwerkeffekte ausgenutzt werden können, und wenn sich ein Anbieter hier durchgesetzt hat, ist er kaum billig zu bekommen (siehe What’s App).

  • Monopole und geringer Wettbewerb

    Ein Monopol ist bekanntlich ein Markt, der von nur einem Anbieter beherrscht wird. Es ist klar, dass hier mangels Wettbewerbs der Anbieter die Preissetzungsmacht hat – entweder Kaufen die Kunden seine Produkte, oder sie haben keine Chance sie zu erhalten. Insbesondere bei lebensnotwendigen Gütern wie Wasser ist das der Fall, zudem hier aufgrund der Leitungen fast zwangsläufig ein Monopol gebildet wird. Der Ursprung von Monopolen liegt oft in Netzwerkeffekten oder sehr hohen Markteintrittsgebühren, z.B. wenn teure und aufwendige Infrastruktur aufgebaut werden muss. In Europa sind daher alle wichtigen Infrastrukturmärkte staatlich reguliert, denn in der Regel könnte ein Netzbetreiber sich als Monopolist sonst das Recht herausnehmen völlig überzogene Preise zu fordern. Netze aller Art sind aber zu kapitalintensiv, als dass ein Wettbewerber einfach ein eigenes Netz aufbauen könnte. Und normalerweise ist in einzelnes Netzwerk auch völlig ausreichend.
    Auch Patente führen zu temporären Monopolen vor allem im Pharmabereich, über deren Laufzeit die Entwicklungskosten nach Möglichkeit um ein vielfaches wieder hereingeholt werden. Sonst sind Monopole eher selten, insbesondere da die Kartellbehörden sie zu verhindern versuchen. Als Investor kann man aber durchaus danach schauen, ob es nicht die eine oder andere Firma mit einem zumindest geringen Wettbewerb und daher monopolähnlichen Preisstrukturen zu finden ist. Als so eine monopolähnliche Stellung würde ich z.B. Google einordnen, wenn es um Internetsuche und Onlinewerbung geht. Wenn man über das Adressfeld des Browsers sucht, ist bei den meisten automatisch Google eingestellt. Noch mehr sind aber die Werbetreibenden auf Google angewiesen. Da die Suche und der entsprechende Markt fast nur von Google bestimmt wird, kann man nur über den Zugang Google an den suchenden Nutzer kommen – und das lässt sich Google natürlich bezahlen.

  • Guter Vertrieb

    Ein guter Vertrieb schafft es, überdurchschnittlich viele Produkte zu guten Preisen an den Kunden zu bringen, und damit den Umsatz zu steigern. Ich weiß nicht wirklich wie man das messen kann, aber ich bin mir sicher dass es eines der großen Erfolgsrezepte ist, die z.B. hinter Tupperware stehen. Insbesondere, wenn ein Produkt keinen so großen Vorteil hat, dass die Kunden automatisch wechseln würden, oder wenn die Nachfrage eigentlich gesättigt ist kann der Vertrieb den Unterschied ausmachen. Indem der Staubsaugervertreter den Kunden persönlich anspricht und überzeugt, schafft er es eine weit bessere Marge zu erzielen als wenn der Kunde im intensiven Vergleich selbst recherchiert hätte. Ich denke hier insbesondere bei Versicherungen an relevante Größenordnungen. Allerdings kann dieser Vorteil vergleichsweise schnell verschwinden oder von Wettbewerbern nachgeahmt werden, er ist also kaum als dauerhaft einzustufen.

  • Gute Qualität

    Dieser Punkt ist ziemlich selbsterklärend, aber zum überwiegenden Teil dient er auch zum Aufbau einer starken Marke. Da eine der besten Aussagen eines Kunden über eine Marke die gute Qualität ist, ist dies eine der Grundvoraussetzungen für das Markenimage. Die Frage ist, wie nachhaltig sich die Qualität beim Kunden auf Käufe auswirkt.
    Ich würde hier zwischen langfristig und kurzfristig unterscheiden. Bei langlebigen Gütern wirkt sich Qualitätsveränderung eher langsam auf den Eindruck beim Kunden aus, es sei denn dieser informiert sich stark mittels Tests über die Qualität des Produktes. Insbesondere würde ich hier Marken meiden, bei denen der Qualitätsvorsprung schmilzt, denn der Markenwert folgt erst mit einiger Verspätung. Zum Beispiel hat Opel in den 90ern wegen Kostendrucks teils schlechte Qualität produziert, und heute noch ist das Image beschädigt. Hingegen kann bei Steigerung der Qualität auch ein langfristiges Steigen des Markenwertes erwartet werden, der sich noch nicht in aktuellen Geschäftszahlen zeigt, für die Zukunft aber enorme Vorteile bringt.

Soweit die Punkte die mir einfallen. Den Bereich Markenstärke kann man natürlich noch ausdifferenzieren: Ist es ein Vertrauen in die Sicherheit (Lufthansa wird da wohl besser abschneiden als Aeroflot), ein Coolnessfaktor (Modeindustrie, aber auch Apple), ein Luxusfaktor wo man mittels Marke seinen Reichtum öffentlich macht (bringt dann nochmal Extrarendite), Vertrauen auf hohe Langlebigkeit (etwa Waschmaschinen) oder etwas anderes? Das kann bei jedem Produkt und bei jedem Kunden anders sein und ist auch nicht mein Fachgebiet, entscheidend ist jedoch, dass man sich in der Analyse darüber Gedanken macht. Die Erfahrung zeigt, dass die Markentreue Firmen im Konsumbereich außerordentlich gute langfristige Ergebnisse bringen kann. In der klassischen Industrie beobachtet man das eher selten. Dort würde ich die Faktoren Technologie, aber auch die Kostenaspekte, auf die ich im zweiten Teil eingehe höher gewichten. Fallen euch noch mehr Punkte ein, die man hinzufügen sollte?

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