Der zweite Teil meiner Eigen-Depotanalyse dreht sich um die Bavaria Industries Group (früher Bavaria Industriekapital) AG. Der Grund: es ist der dickste Brocken in meinem Depot, und angesichts des Klumpenrisikos sollte ich mir vielleicht Gedanken machen einen Teil zu verkaufen. Andererseits ist es nur deshalb so ein dicker Brocken, weil sich der Kurs seit dem Tief Mitte 2012 fast vervierfacht! hat und seit meinem Einstieg immerhin weit mehr als verdoppelt. Und vielleicht ist da ja durchaus ein Stück mehr drin, das 2013er Kurs-Gewinn-Verhältnis ist immerhin das kleinste unter meinen Aktien…
Gekauft habe ich die Bavaria Aktien im März ’11 zum Zwischenhoch von 16€/Stück – in 2012 fielen sie zum Teil dann unter 10€. Damals überlegte ich intensiv ob ich nicht verkaufen sollte, behielt die Aktien aber doch. Man sieht schön, wie sich die Geduld ausgezahlt hat, denn seitdem ist der Kurs kräftig gestiegen – man hätte zeitweise über 40€ bekommen. Zudem sieht man hier auch ein anderes psychologisches Problem: weil der Preis gefallen war (ungerechtfertigt meiner Meinung nach) machte ich mir Gedanken zu verkaufen, nicht zu kaufen. Kaufen wäre aber im Nachhinein das Richtige gewesen. Immerhin habe ich auch damals schon nachgedacht und abgewartet als ich den Preisverfall als unbegründet empfand. Wie ich überhaupt auf die Firma gestoßen bin weiß ich auch nicht mehr. Mein klassisches Screenen und Filtern hätte hier nämlich vermutlich nicht angeschlagen, da das KGV kaum schätzbar ist und bei der Comdirect zumindest nicht angegeben. Für 2013 liegt das KGV übrigens beim aktuellen Kurs bei grandiosen 2,3!
Also zu Thema: Was kann man zum Geschäft finden oder aussagen?
Geschäftsmodell
Die Bavaria Industries ist eine Holdinggesellschaft, also beteiligt sich wiederum an anderen Unternehmen. Dabei liegt der Fokus auf eher schwachen Unternehmen, die dann wieder in Schwung gebracht und im Idealfall mit ordentlichem Gewinn verkauft werden. In letzter Zeit kann man hier eine Änderung bei der Wahl der Unternehmen feststellen. Wurden zu Beginn Firmen mit Verlusten und weit unter Buchwert gekauft um kein Geld beim Kaufpreis zu versenken, gibt man inzwischen als Ziel aus, dass mindestens die Gewinnschwelle erreicht sein muss. Meist handelt es sich um Teile eines größeren Konzerns, die dieser mangels Profitabilität loswerden will. Das Suchprofil auf der Homepage sagt:
Welche Unternehmen erwirbt die BAVARIA?
- Unternehmen aus dem europäischen Raum
- Unternehmen aus der verarbeitenden Industrie
oder industrieller Dienstleistung - Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz
ab EUR 50 Mio.
Welche Kriterien müssen die Beteiligungsunternehmen erfüllen?
- Erkennbare Verbesserungspotenziale
- Starke Marktstellung mit gutem Ruf am Markt und festem Kundenstamm
Natürlich wird in der Selbstdarstellung vor allem von den positiven Seiten und den Erfolgen geschwärmt, allerdings gab es auch schon Misserfolge, bei denen übernommene Unternehmen letztendlich geschlossen oder verkauft wurden ohne dass man Gewinn hätte machen können. Insgesamt sind die Renditen aber sehr beachtlich über die Zeit, und ich hoffe sehr dass das keine Zufälle waren.
Ich finde den Ansatz vor allem deshalb so interessant, weil er im Prinzip ein Umsetzen der Value-Strategie in einem für Kleinanleger unzugänglichen Bereich ist: Man kauft Unternehmen(-steile) möglichst weit unter Wert und versucht dann aktiv die Leistung zu verbessern. Es wird dabei aber nicht unbedingt auf einen schnellen Exit hingearbeitet, sondern gewinnbringende Unternehmen werden auch mal gehalten. Seit nach dem letzten Verkauf viel Cash in der Kasse ist, wurden auch Aktien als reine Geldanlage gekauft. Ich gehe aber davon aus, dass diese wieder verkauft werden, wenn man das Geld tatsächlich braucht um eine Kaufgelegenheit für ein ganzes Unternehmen wahrzunehmen, denn das Ziel ist der Mehrheitserwerb und die Sanierung.
Einen Schwachpunkt hat dieses Geschäftsmodell natürlich auch: Unberechenbarkeit. So lange die Unternehmen keine großen Gewinne machen, oft sind es sogar Verluste, ist es kaum möglich sie als Außenstehender zu bewerten. Und wenn Gewinne vor allem aus einzelnen Unternehmensverkäufen bestehen, dann ist es kaum möglich diese vorherzusagen. Die Unsicherheit über die geschäftliche Zukunft, die bei vielen Aktien nur implizit und versteckt von genauen Analystenschätzungen zu erkennen ist, tritt hier also so offen wie kaum zu Tage. Das schreckt ab und drückt den Preis. Und tatsächlich ist der Börsenwert der Bavaria zu einem ziemlich großen Teil von Bargeld gedeckt, und die Bewertung des eigentlichen Geschäfts ist nach wie vor ziemlich gering.
Zahlen
Es ist nach der Betrachtung des Geschäftsmodells also klar, dass man die Zahlen überhaupt nicht in die Zukunft fortschreiben kann, und sie insofern auch keinen großen Wert haben. Trotzdem sollte man sie sich mal grob anschauen:
Jahr | 2013 | 2012 | 2011 | 2010 | 2009 | 2008 |
---|---|---|---|---|---|---|
Umsatz | 616,3 | 683,6 | 749,9 | 638,4 | 454 | 527,6 |
Operatives Ergebnis | 103,7 | 79,9 | 24,4 | 11,8 | 14,5 | 33,5 |
Jahresüberschuss | 89,2 | 55,7 | 2,4 | -0,8 | 3,6 | 23,2 |
Bilanzielles Eigenkapital | 165,7 | 82,5 | 27,5 | 32,7 | 42,2 | 57,4 |
Bilanzsumme | 452,9 | 357,3 | 323,4 | 448,5 | 342,1 | 321,7 |
Mitarbeiter | 5122 | 5106 | 4297 | 3913 | 3003 | 2944 |
Dies ist wie gesagt nur sehr bedingt aussagefähig, sehr schön gefällt mir aber vor allem die Zeile mit dem Eigenkapital. Denn diese zeigt, worin der steile Anstieg der Aktie im letzten Jahr begründet liegt: Nach dem Verkauf der wirtschaftlich erfolgreichsten Beteiligung ist massig Kapital vorhanden – zusätzlich wurden auch über 5% der Aktien zurückgekauft. Ich muss also nicht unbedingt davon ausgehen, dass die Unterbewertung sich plötzlich aufgelöst hat und die Aktie nun zu teuer ist, sondern der Anstieg ist im wesentlichen fundamental begründet. Beim aktuellen Börsenpreis der Bavaria von etwas über 200 Millionen € ist der Großteil durch Eigenkapital gedeckt. In der Tat findet sich im Geschäftsbericht folgende Tabelle zum Buchwert:
Jahr | AG | Konzern | je Aktie |
2006 | 28,8 | 70,4 | 10,65 |
2007 | 45,4 | 91,0 | 13,75 |
2008 | 37,5 | 128,1 | 20,04 |
2009 | 26,0 | 114,7 | 17,94 |
2010 | 21,1 | 124,5 | 20,21 |
2011 | 25,4 | 91,2 | 15,28 |
2012 | 34,5 | 116,0 | 19,97 |
2013 | 124,4 | 215,0 | 38,20 |
Also ich 2011 die Aktien gekauft habe war der Anteil an Cash noch wesentlich niedriger, allerdings war die Profitabilität der Beteiligungen vor dem Verkauf höher. Die operativen Beteiligungen schrieben 2013 einen Nettoverlust von 10 Mio€, während 2012 noch ein Überschuss von 5 Mio verbucht werden konnte. Bei den Zahlen muss man zwischen Konzern, der Holding und den eigentlichen Tochtergesellschaften unterscheiden. Eine Verlustträchtige Beteiligung kann den Überschuss bei den gesamten Beteiligungen sehr stark nach unten ziehen, aber im Zweifel geht sie Pleite ohne dass davon der Rest der Bavaria Gruppe betroffen ist. Der Ausfall ist dann auf übernommene Bürgschaften und eine eventuelle Abschreibung begrenzt, da die Beteiligungen keine Gewinnabführungsverträge schließen.
Beteiligungen
Auf der Homepage der Bavaria findet sich eine detaillierte Aufzählung und Beschreibung der Unternehmen. Diese werden in drei Bereiche eingeteilt: Serie/Automotive, Anlagenbau und Business Services. Im wesentlichen findet man hier also tatsächlich industrielle Produktionsunternehmen, nur Asterion (Dokumentenverarbeitung/-outsourcing) sieht mir nach einem echten Dienstleistungsunternehmen aus. Kaum eine Firma agiert direkt im Endkundenbereich. Damit ist es für mich recht schwierig, die einzelnen Produkte zu bewerten, und abzuschätzen, was sie für Potential haben. Dazu kommt, dass der zukünftige Wert der Holding massiv durch Käufe beeinflusst werden wird, die in der Zukunft liegen.
Daher erscheint es mir als sinnvoller, die Strategie zu betrachten statt eine möglichst genaue Bewertung der aktuellen Situation zu versuchen. Das ist zugegebenermaßen ein Stück Bequemlichkeit, da ich nicht 11 Firmen gleichzeitig ernsthaft bewerten kann, von denen es kaum Zahlen gibt. Der Einfachheit halber könnte man als Bewertung eine feste Prozentzahl vom Umsatz vorgeben, bei 20 % und einem Umsatz von 600 Mio wären das 120 Mio. Geht man von steigender Profitabilität aus, setzt daher 40% an und rechnet einen großen Zukauf (200 Mio?) ein, ist man aber schnell bei 320 Mio€. Es kommt also ganz auf die Annahmen an, durch die man zu völlig unterschiedlichen Bewertungen kommen kann. Da das schwierig ist, gehen wir also lieber zur Strategie ➡
Strategie
Bei der Strategie sehe ich drei wichtige Punkte:
- Was kauft man zu welchem Preis?
- Wie führt man Beteiligungen zu Verbesserungen?
- Unter welchen Bedingungen verkauft man wieder?
Kauf: Es gibt hierzu einen schönen Abschnitt im Geschäftsbericht, dessen Aussagen auch gut zu den tatsächlichen Beobachtungen passen. Es wird beschrieben, dass man inzwischen versucht, profitable Unternehmen zu kaufen, nachdem man am Anfang möglichst hohen Abschlag vom Buchwert gesucht hatte. Bei einem profitablen Unternehmen will man nicht mehr als das 5 bis 6-fache des EBIT zahlen, falls nicht deutliche Verbesserungspotentiale erkennbar sind. (10% Kapitalkosten -> KGV 10, dann 30% Steuern -> KGV 7, und zusätzlicher Sicherheitspuffer von 20-30%). Als Preisvorstellung scheint mir das vernünftig und vorsichtig zu sein, wenn man das Geschäft verbessern kann sogar sehr lukrativ.
Verbesserung: Hier will man dezentral vorgehen, und setzt das Vertrauen auf die Entscheidungen der jeweiligen Geschäftsführer in den Firmen. Diese können ausgetauscht werden, wenn sie das Vertrauen der Bavaria verlieren, haben aber sonst weitgehend freie Hand, wie sie das Unternehmen weiterentwickeln. Zugleich wird die Entwicklung und insbesondere größere Investitionen überwacht, um Kontrolle über die Kosten zu erhalten. Kostenbewusstsein und Verbesserungsstreben werden explizit als Erfolgsfaktoren benannt. Wie das jetzt genau umgesetzt wird weiß ich natürlich nicht, allerdings scheint mir der Ansatz plausibel und die bisherigen Erfolge zeigen, dass es zumindest schon funktioniert hat, wenn auch nicht bei allen Beteiligungen.
Verkauf: Zum Verkauf der Kienle+Spiess, der eben die große Menge an Cash brachte, gibt es eine genauere Erklärung. Warum gibt man eine Beteiligung ab, die dauerhaft profitabel arbeitet und auch als stetiger Renditelieferant nützlich wäre? Die Antwort zeugt von einer guten Überlegung zum Kapitaleinsatz.
Es ist über die Zeit zwar gelungen, die Marge zu steigern, der Umsatz blieb jedoch zurück. Das Management schätzt die Situation so ein, dass nur mit erheblichem Kapitalaufwand neues Wachstum generiert werden kann. Gleichzeitig glaubt man, dass man mit gleichem Kapitalaufwand in anderen und neuen Projekten mehr bewirken kann, insbesondere mit der Erfahrung in der operativen Verbesserung von Unternehmen. Zudem sah man wohl Risiken in der Geschäftsentwicklung, die von relativ wenigen Großkunden abhängig war. Auch wenn der Kaufpreis also am Gewinn gemessen nicht besonders hoch war (es ist von einer Rendite von 11% die Rede) halte ich das für sehr vernünftig. Das Geschäftsmodell besteht immerhin vor allem in der Sanierung von kaum profitablen Unternehmen, und nicht im ständigen Weiterbetrieb.
Insgesamt sehe ich in der Strategie ein kluges und vorsichtiges Investieren in günstige Gelegenheiten, im Bereich industrieller Unternehmen. Die Vergangenheit und die Art wie die Entscheidungen begründet werden schafft bei einen guten Eindruck.
Konkurrenzsituation
Die Idee, Firmen billig zu kaufen und zu sanieren ist natürlich weder neu noch hat irgendjemand ein Patent darauf. Prinzipien guter Unternehmensführung sind ebenfalls allgemein zugänglich, auch wenn sie nicht immer eingehalten werden. Insofern stellt sich die Frage, ob das Geschäftsmodell nicht zu leicht kopierbar ist und zu wenig Wettbewerbsvorteile hat, um dauerhaft hohe Renditen zu erwirtschaften. Tatsächlich findet man im Internet unzählige Firmen, wenn man einmal nach “Private Equity” oder ähnlichen Begriffen sucht. Einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil kann also nur erreichen, wer besonders schlau ist (schwer einzuschätzen) oder wer einen besonders guten Ruf als Käufer mitbringt. Einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil sehe ich auch nicht für Bavaria. Aber schließlich hat auch Berkshire Hathaway an sich keinen anderen Wettbewerbsvorteil und entwickelt sich seit Jahrzehnten prächtig. Vom Geschäftsmodell her vielleicht ähnlicher ist Aurelius, die sich ebenfalls an Firmen mit Problemen beteiligt und eine enorme Wertsteigerung in den letzten Jahren aufweisen konnte.
Interessant finde ich, dass auf dem deutschen Verkaufsmarkt ein höherer internationaler Wettbewerb der potentiellen Käufer stattzufinden scheint und wohl auch deshalb bei Bavaria eher in Frankreich investiert wird – siehe folgendes interessante Interview. Ich bin gespannt, wie sich das bei der weiteren Entwicklung der Märkte und der Wirtschaft entwickeln wird.
Schauen wir also, was wir von der Unternehmensleitung halten können 😎
Führung
Die Vorstände/Gründer Reimar Scholz und Harald Ender und ihre Angehörigen kontrollieren 80% der Anteile an der Bavaria Industries, und das mit steigender Tendenz. Laut eigener Aussage im Geschäftsbericht ist 90% ihres Vermögens in der Firma gebunden. Diese Struktur hat den Vorteil, dass man als Aktionär der persönlichen Motivation der Unternehmensleitung, den Wert für die Aktionäre zu steigern, sicher sein kann. Darüber hinaus sehe ich es positiv, dass das ganze nicht von einem einzelnen, sondern einer Gruppe abhängt. Wenn mehrere Personen gemeinsam Verantwortung tragen, kann man eher davon ausgehen dass Probleme von mehreren Seiten betrachtet und diskutiert werden, oder dass Probleme überhaupt erst angesprochen werden. Über die genaue Persönlichkeit der Führung kann ich aber natürlich wenig sagen außer dass ich von allem was ich lese ein eher positives Bild von seriösen und klugen Geschäftsleuten bekomme, an deren Kapitalanlagestrategie ich gerne teilnehme.
Hier noch ein interessantes Interview von Scholz zum Thema Führung.
Zur Bilanz
Die einzelnen Unternehmen zu bewerten mag äußerst kompliziert sein, ich denke aber dass es zumindest sinnvoll ist, die gesamte Bilanz sich einmal anzuschauen. Insbesondere will ich schauen, mit wie viel das eigentliche Geschäft bewertet wird und wieviel des Börsenwertes durch das Geld gedeckt ist.
Die Bilanzsumme beträgt zum 31.12.13 insgesamt 453 Millionen €.
Auf der Aktivseite stehen beim Anlagevermögen 8,3 Mio an immateriellen Vermögenswerten (die sich wohl kaum zu Geld machen lassen), Sachanlagen wie Immobilien und Maschinen von knapp 90 Mio und Finanzanlagen von gut 17 Mio. Die Sachanlagen dürften sich kaum einfach veräußern lassen, ich zähle sie daher nur mit 40% ins Vermögen (36 Mio). Die Finanzanlagen hingegen sind im wesentlichen Aktien – ein Teil davon ist dabei leicht über Marktwert bilanziert. Da die Kurse zusätzlich schwanken ziehe ich hier einen Anteil zur Sicherheit ab und bewerte die Finanzanlagen mal mit 14 Millionen als Zahlungsmittel.
Im Umlaufvermögen finden wir etwa 64 Mio an gebundenem Kapital in Rohstoffen, unfertigen und fertigen Produkten sowie Anzahlungen. Da man nicht sicher wissen kann, ob man das alles zum geplanten Preis loswird (auch wenn ich denke dass die Bavaria-Führung auf geringe Lagerbestände achtet), setze ich hier aus dem Bauch heraus mal 50 Mio für an. Bei Forderungen und sonstigen Vermögensgegenständen (wobei ich nicht gefunden habe was sich dahinter konkret verbirgt) stehen 138 Mio in den Büchern, ich setze hier einfach 120 für meine Rechnung an um ein bisschen Spiel zu haben. Ein sehr erfreulicher Posten ist dann noch der Kassenbestand/Guthaben, der 130 Mio ausmacht (nach 44 Mio im Vorjahr). Bei Bargeld sehe ich keine Probleme alles in die Vermögensberechnung zu nehmen.
Rechne ich die Vermögensposten mit meinen entsprechenden Abschlägen zusammen, komme ich auf ein Vermögen von 350 Mio €.
Aus der Passivseite finden wir zunächst unser schönes Eigenkapital von 167 Mio€, das sich wie folgt aufteilt: 5,6 Mio von den ausgegebenen Aktien (zu 1€ Nennwert), 9 Mio Kapitalrücklage uuuuuuuuunnnnd: (meine Lieblingsstelle^^) 153.443.504€ Bilanzgewinn.
Warum das meine Lieblingsstelle ist? Ich stelle mir vor, was wäre wenn der Bilanzgewinn einfach als Dividende an die Anteilseigner ausgeschüttet würde: Ich erhielte eine Dividende von 27,34€ pro Aktie. Mein Kaufpreis damals war 16€
Es wird zwar in nächster Zeit keine Dividenden geben, da der Vorstand sich nicht zweimal -privat und im Unternehmen – über Geldanlage den Kopf zerbrechen will, aber ich finde den Gedanken schön, dass ich da deutlich unter Wert gekauft habe…
Was haben wir noch: Rückstellungen von 74, Unterschiedbeiträge von 48 und Verbindlichkeiten von 161 Mio€ im wesentlichen. Die Unterschiedsbeiträge sind die Differenz aus Kaufpreis und Buchwert bei Übernahmen, und die Bavaria kauft normalerweise unter Buchwert. Sie tragen bei guter Entwicklung der Beteiligungen erheblich zum Gewinn bei – allein aus Auflösung der passiven Unterschiedsbeiträge wurde in 2012 Gewinne von 51 Mio € verbucht, für 2013 immerhin 16 Mio. Wenns gut läuft stecken hier also noch knapp 50 Mio Gewinne drin…
Was sagt uns das insgesamt? Um eine Bewertung zu finden, ziehe ich die Verbindlichkeiten (161 Mio €) von dem geschätzten Vermögen, bei dem ich oben einige Sicherheitsabschläge vorgenommen habe, ab. Ich rechne also 350 – 161 = 189 Mio € oder 33,67€ je Aktie, die als grober Substanzwert im Unternehmen vorhanden sind. Wenn ich die obigen Abschläge bei Forderungen und Sachanlagen schärfer ansetze, komme ich vermutlich immer noch auf 30 € je Aktie. Der Geschäftsbericht spricht dagegen sogar von einem Buchwert von 38,20€ je Aktie, vermutlich dann ganz ohne Abschläge.
Bewertung
Die Bavaria Industries insgesamt zu bewerten ist mir im Moment ehrlich gesagt zu schwierig. Vielleicht mache ich irgendwann mal einen eigenen Beitrag dazu, denn um eine Zahl für den Firmenwert zu schätzen braucht man den Wert der Beteiligungen. Die Informationen sind eher dünn gesät, einige Zahlen gibt es nur in Sammelform für das ganze Segment und die Geschäfte sind im wesentlichen in Bereichen die ich schlecht kenne.
Trotzdem bin ich von der Bavaria Industries überzeugt: der Sanierungsansatz klingt äußerst überzeugend und hat in der Vergangenheit ganz gute Erfolge gezeigt. Die Unternehmen haben einen gewissen Wert, auch wenn ich ihn nicht genau beziffern kann, aber ich würde auf einen dreistelligen Millionenbetrag schätzen. Hinzu kommt das im Moment reichlich vorhandene Bargeld, mit dem der Umsatz bei guten Kaufgelegenheiten schnell auf eine Milliarde € klettern könnte, und das andererseits ein gutes Sicherheitspolster ist. Zuletzt setze ich tatsächlich mein Vertrauen auf die Unternehmensleitung, die ihr Geld (und damit dann auch meins) in Zukunft gut anlegen wollen wird. Natürlich besteht das Risiko eines großen Projektes, das schließlich doch scheitert und eine Menge Kapital auffrisst.
Zudem brauche ich auch keine absolut konkrete Bewertung vornehmen. Die Grenze, bei der ich massive Unterbewertung sehen und mich mit dem Investment sicher fühlen würde liegt für mich beim Bilanzgewinn von über 27€/Aktie. Dann hat man das eigentliche Geschäft quasi geschenkt bekommen. Da ich dem Geschäft wegen meines Vertrauens in die Fähigkeiten der Leitung auch einigen Wert zubillige, halte ich die Aktie auch bei 35 € für unterbewertet. Es kann also fast nichts passieren, denn sobald der Kurs sinkt, ist die Aktie vom eigentlichen Wert dahinter schnell gedeckt.
Um zu einer anderen ungefähren Werteinschätzung zu gelangen, werde ich mich zum Schluss doch an einer mittelfristigen Prognose (vielleicht 3-4 Jahre) versuchen. Ich gehen davon aus, dass bei Einsatz des vorhandenen Geldes der Umsatz mittelfristig auf eine Milliarde € steigen kann. Es wäre zwar nicht überragend gut, aber 3% Gewinn vom Umsatz halte ich für möglich. Das entspräche einem Überschuss von 30 Mio im Jahr, bei einem 10er KGV somit einem Wert von 300 Mio € oder 53€/Aktie. Zum aktuellen Kurs von 38€ also ein ganz ordentliches Potential. Bis das gehoben wird, kann natürlich noch eine Weile vergehen. Da statt Dividenden nur Aktienrückkäufe als Gewinnbeteiligung für die Aktionäre geplant sind, sollte der Kurs aber halbwegs stabil bleiben.
Überlegung: Wo sieht die Firma selbst den fairen Preis?
Noch eine kurze Überlegung zum Schluss: Meine Schätzung ist zugegebenermaßen eher schlecht und ich habe mich nur wenig über die einzelnen Beteiligungen informiert. Das Management selbst dürfte deutlich bessere Informationen haben und Schätzungen abgeben können als ich. Es gibt dabei ein Anzeichen, dass dieses den aktuellen Preis bereits als annähernd fair empfindet. Die Aktienrückkäufe stehen im Moment nämlich scheinbar still – wenn man den Preis als zu gering empfindet würde man sie aber doch fortsetzen? Es kann natürlich auch andere Gründe haben, aber Vorsicht schadet ja nicht. Andererseits wurden bis 34 € munter eigene Aktien gekauft. Zusammen mit meiner obigen Rechnung zum Substanzwert sehe ich die Aktie trotzdem als günstig.
Fazit
Ich werde meine Aktien der Bavaria Industriekapital alle behalten. Falls es steuerlich Sinn macht, könnte ich im Dezember nochmal über eine Gewinnmitnahme nachdenken, aber ich sehe Bavaria Industries nach wie vor als eine großartige Beteiligung an. Sorgen macht mir nur, dass die Aktien inzwischen meine Depotentwicklung ganz maßgeblich bestimmen. Da die aktuellen Börsenpreise durch den Verkauf der Kienle+Spiess aber fundamental völlig gerechtfertigt scheinen, gibt es für mich keinen Anlass zu verkaufen. Es ist zwar kein klassischer Value-Pick wie ihn Buffet mag: Unternehmen mit starker Marktstellung, Wettbewerbsvorteil, hohen Margen, stetigen Cashflows. Im Gegenteil, sämtliche dieser Kriterien werden verfehlt. Allerdings ist allein der Bargeldanteil hoch genug, dass ich angesichts des funktionierenden Geschäftsmodells und der scheinbar kompetenten Führung von einer werthaltigen Investition sprechen kann. Insbesondere erscheint mir die zuvor vorgestellte Paragon mit einem deutlich größeren Spekulationsanteil verbunden. Falls die Preise für Bavaria Industries also noch einmal auf unter 30€ fallen hätte ich kein Problem damit sogar nachzukaufen. Ich bin zufrieden.
Was daran sollte Value-Investing sein? Du betrachtest die Aktie mehr oder weniger als Private-Equity-ETF und setzt auf die Qualität des Fondsmanagers. Oder hab’ ich da was falsch verstanden?
gleich jedes Kommentiert – da werd ich mal auch jedes kurz beantworten. Zuerst: ja da hast du in gewisser Weise recht, meine Zuversicht über die Zukunft beruht auf der Hoffnung, dass die Führungskräfte in der Zukunft ähnliche Erfolge erzielen können wie in der Vergangenheit. Das ist natürlich Spekulation, und genauso verfährt jeder der sich eine Berkshire Hathaway kauft – er hofft dass Buffet und wenn er stirbt sein Nachfolger das Unternehmen weiter gut führen werden. Der zweite Aspekt bei der Bewertung ist natürlich das was da ist. Und da sehe ich bei Bavaria große Bargeldreserven und mehrere Unternehmen, die ja auch einen gewissen Verkaufswert haben. Ich würde die Firma wie jede andere nicht zu jedem beliebigen Preis kaufen – aber der aktuelle Preis, wo etwa 2/3 über Bargeldreserven gedeckt sind und außerdem Firmenteile mit über 500 Mio Umsatz und Verbesserungspotential überzeugt mich durchaus.
Interessant, dass diese Aktie hier diskutiert wird und ins Depot aufgenommen wurde. Sicherlich sprechen sowohl die günstige Bewertung anhand des KGV (2013) als auch das kürzliche Gewinnwachstum für die Aktie.
Aus Sicht eines defensiven Investors (Graham) sprechen prima facio – mit oberflächlichem Blick auf die Bilanzen – allerdings folgende Fakten gegen einen Kauf:
– keine durchgehenden Dividendenausschüttungen innerhalb der letzten 10 Jahre (oder innerhalb der letzten 5 Jahre)
– kleines Unternehmen, welches wesentlich durch einen Inhaber geprägt ist – was passiert mit dem Unternehmen, wennder CEO Raimer Scholz ausfällt?
– Verlustjahr 2010
– Fremdkapitalquote immerhin noch 63 % (obwohl sich dieser Wert sich sicherlich verbessert hat)
Ohne eine intensive Prüfung aller größeren Einzelbeteiligungen, eventuell unter Anwendung des Scuttlebutt (A. Fisher), würde ich mich definitiv nicht trauen, auch nur einen Euro zu investieren.
Zudem muss für eine Beteiligungsgesellschaft ohne operatives Geschäft immer auch noch ein Konglomeratsabschlag von ca. 25 % in die Margin of Safety eingerechnet werden – dies einfach aus der Überlegung, dass die komplizierten Beteiligungsverhältnisse ein zusätzliches Risiko für das Kapital darstellen und kein einfach zu verstehendes Produkt vorliegt.
Eventuell noch bezüglich des “Trios” Raimer Scholz, Oliver Schmidt und Harald Ender: nach den derzeitigen Beteiligungsverhältnissen hält Herr Scholz 77 % der Anteile:
http://www.finanzen.net/unternehmensprofil/Bavaria_Industriekapital
Von einer “Gruppenentscheidung” des Führungsteams würde ich derzeit nicht ausgehen. Mit einer Beteiligung von lediglich 5,76 % bzw. 2,17 % dürften sich die Herrn Schmidt und Ender wohl kaum eine abweichende Meinung leisten, es sei denn, der Mehrheitsaktionär hat in diesem Punkt einen offenen Führungsstil. Hierfür fehlen mir aber die weiteren Daten.