Ich hatte die schnell wachsende norwegische Versicherung Protector Forsikring bereits im Herbst in einer ersten kleinen Position gekauft und erst vor wenigen Wochen hier als günstige Investition in ein langfristig stark wachsendes, kosteneffizientes Unternehmen vorgestellt.
Das erste Quartal war da bereits sehr schwach ausgefallen: Sowohl eine hohe Schadensquote als auch ein negatives Anlageergebnis bei den Aktien haben den Quartalsgewinn auf 0 fallen lassen, während das Wachstum sehr stark war.
Der Chef zeigte sich denn auch schon damals besorgt über das Ergebnis und meinte man müsste sehen ob die hohe Schadensquote ein Ausrutscher war oder an “schlechtem Underwriting” lag – sprich an zu niedrig gesetzten Preisen. Ich habe meine Erwartungen für das laufende Jahr daher schon merklich abgesenkt und der Aktienkurs kam entsprechend über den Frühling immer weiter zurück.
Aktuelles: Gewinn- und Wachstumswarnung
Am Freitag kamen dann die Zahlen des zweiten Quartals, und die wurden am Markt wirklich negativ aufgenommen.
In Kürze: Es war ein Wachstum von 20% angepeilt, erreicht wurden aber nur 14,3%. Die kombinierte Schaden-Kosten-Quote lag bei 99,5% . Im Versicherungsgeschäft wurde also kein Geld verdient, insbesondere in Norwegen hat sich die Situation verschlechtert. Der operative Gewinn des 2. Quartals sank auf 97 Mio NOK nach 169 Mio NOK im Q2/2017. Sowohl die Prognose für die Schadensquote als auch für das Wachstum ist nun schwächer.
Offenbar ist die Situation so, dass Protector in letzter Zeit einige unprofitable Versicherungsverträge geschrieben hat und sich das Ergebnis aus diesem Grund verschlechtert hat. Man kann also nicht erwarten, dass sich das Ergebnis schon innerhalb der nächsten Monate wieder komplett dreht, zumal über das Anlageergebnis auch nicht mehr viel zu holen ist: Aktien sind angesichts der vom Trumpel im weißen Haus ausgelösten Handelskriege zunehmend unsicher (gerade für eine Versicherung, wo Volatilität tatsächlich ein Risiko darstellt da sie jederzeit zahlungsfähigsein muss) und die Zinserträge sind weiter gefallen – bei Anleihen muss man im Umfeld steigender Zinsen eher auf kurzlaufende Papiere setzen mit entsprechend geringer Rendite.
Die mehr als 5 Kronen Gewinn pro Aktie wird Protector also nicht schaffen. Dazu sind sie gerade zu Preiserhöhungen übergegangen und haben in Norwegen bereits größere Verträge deshalb verloren. Protector warnt deshalb nicht nur vor einem Gewinneinbruch, sondern prognostiziert auch ein kurzfristig geringeres Wachstum als bisher angenommen (statt über 20% nun höchstens 15% , und die werden zum großen Teil aus UK kommen, wo man über die Profitabilität noch zu wenig sagen kann).
Meine Einschätzung
Nun ist nach der Gewinnwarnung der ohnehin schwache Aktienkurs noch einmal um zeitweise 30% innerhalb eines Tages eingebrochen. Einige Aktionäre von Protector haben also offenbar ihre Einschätzung zum Wert der Aktie massiv abgesenkt – sollte ich dies auch tun? Immerhin ist Protector nach wie vor über Buchwert bewertet, hat offenbar operative Probleme (zu aggressive Preissetzung hat sie in unprofitable Aktien getrieben) und im ersten Halbjahr wurden nicht mal eine Krone pro Aktie verdient.
Offenbar ist ein so rasantes Wachstum wie bei Protector nur zu machen wenn gleichzeitig die Preise wesentlich unter der Konkurrenz liegen. In Norwegen hat die offenbar nachgezogen, was nun auf die Gewinne schlägt. Ich habe (siehe voriger Artikel) mit 15 bis 20% Wachstum gerechnet, was sie in der Vergangenheit auch mit guter Profitabilität geschafft haben. Ich rechne nun damit, dass Protector vorsichtiger wird und in den reiferen Märkten wie angekündigt die Preise erhöht und auf eventuell unprofitables Geschäft lieber verzichtet. Dort sollte das Wachstum daher auf eher 10% fallen. Allerdings ist Schweden für Protector noch nicht wirklich ein reifer Markt und in Großbritannien sind sie absolut neu und müssen erst einmal einen nachhaltigen Markteinstieg schaffen. Dort wird in Zukunft auch das Wachstum herkommen, und ich rechne mit sehr deutlich zweistelligen Wachstumsraten in diesen beiden Ländern. Im Durchschnitt halte ich daher an einer Wachstumsschätzung von 10 – 15% pro Jahr fest.
Die Profitabilität ist bei Protector stark abhängig vom Kapitalmarkt. Ich habe von Anfang an damit gerechnet, dass der Aktienkurs zwischenzeitlich mal deutlich abstürzen kann wenn die Anlageergebnisse z.B. während eines Marktcrashs negativ werden und die Firma damit Verluste erleidet. Nun ist das durch hausgemachte Probleme schon ohne einen Crash passiert.
Ein Teil meiner Investmentthese ist aber, dass ich den Eindruck habe bei Protector in einen sehr ehrgeizigen und fokussierten CEO zu investieren, der auch in schwierigen Zeiten schnell die richtigen Entscheidungen trifft und der zudem durch seine eigenen Anteile (und die in seiner Familie verteilten) hoch motiviert ist mit der Firma entsprechend gute Gewinne einzufahren.
Aus diesem Grund und da die Firma umfassende Preisanpassungen angekündigt hat glaube ich, dass die Probleme mit der schlechten Schadensquote bald behoben werden. Zu beachten ist allerdings, dass Protector viele Verträge erst zum Jahr 2019 anpassen kann, und bis dahin noch auf einigen unprofitablen Verträgen sitzt. Für 2018 erwarte ich daher selbst bei stabilen Aktienmärkten nicht mehr als 1 bis 2 NOK Gewinn pro Aktie zu sehen, bei einem sich verlangsamenden Prämienwachstum.
Ab 2019 allerdings sollte sich der Gewinn dank der Preiserhöhungen aber wieder erholen, mit eventuell stagnierendem Umsatz. Ich glaube nicht, dass die etablierten Versicherungen mit ihren höheren Kosten längerfristig günstigere Verträge als Protector anbieten können und wollen, im Gegensatz leiden auch die anderen Anbieter unter den niedrigen Preisen. Nachdem im gesamten Markt eine Preiserhöhungsrunde vollzogen wurde, würde ich einen Gewinn von 5% des Prämienvolumens und 3-4% des Anlagevolumens als “normal” ansehen. Bereits mit der aktuellen Größe von Protector (10,5 Mrd NOK verwaltete Gelder, Netto-Prämieneinnahmen von geschätzt 3,3-3,5 Mrd NOK im Jahr) entspräche dies mindestens 500 Mio NOK im Jahr. Protector selbst rechnet mit schwachen Wachstumsraten in 2019 und wieder stärkeren ab 2020. Langfristig kommt also noch Wachstum hinzu.
Sollten Aktien wieder günstiger werden wird sicher auch die Aktienquote bei den Anlagen wieder steigern – aktuell liegt sie mit knapp 15% geringer als 2008 vor der Finanzkrise, so dass man dort auch nicht zu hohe Gewinne erwarten kann.
Eine Schätzung über die genaue Gewinnentwicklung der nächsten Quartale will ich aufgrund der Abhängigkeit vom Anlageergebnis nicht abgeben. Allerdings bin ich recht sicher, dass in zwei bis drei Jahren wieder Gewinne von mehr als 5 Kronen pro Aktie erzielt werden können. Außerdem rechne ich mit einer aufgrund der steigenden Ölpreise und der klugen norwegischen Verwendung der Einnahmen langfristig sehr starken und stabilen norwegischen Krone. Für Mitte der 2020er Jahre rechne ich sogar mit einem Gewinn von deutlich über 10 Kronen je Aktie und hoffe auf die Wiederaufnahme von Dividendenzahlungen. Langfristig sollte man bei den aktuellen günstigen Kursen also hoffentlich ein gutes Geschäft machen. Kurzfristig kann es natürlich noch weiter nach unten gehen, und ich habe schon eine ganze Menge in meine Protector-Aktien investiert. Daher werde ich die nächsten Tage noch abwarten um zu schauen ob ich auf dem aktuellen Niveau noch einmal weiter zukaufe.
Disclaimer: Ich als Autor besitze Aktien von Protectorforsikring und könnte daher in meiner Meinung voreingenommen sein oder Interessenskonflikte haben. Dies ist keine Anlageempfehlung oder Beratung! Investiert nur in Aktien, die ihr versteht und selbst analysiert habt!