Ins Ausland investieren, und wenn ja wo?

Da ich ja vor kurzem erst eine sehr interessante Reise erlebt habe, habe ich mir auch einige neue Gedanken zu  wirtschaftlichen Standards in verschiedenen Ländern und entsprechend zu Investitionen gemacht. Wenn es um Investments in Schwellenländer geht, hört man ja oft Dinge wie “politisches Risiko” (als ob wir das mit den ganzen Populisten im Westen nicht hätten), niedrige Produktionskosten, Aufholpotential, geringerer Lebensstandard…

Finanzdistrict am Singapore River
Kanal in Bangkok

Meine Reise in Südostasien hat das in gewisser Weise bestätigt, auch wenn man natürlich oft nur die Fassaden sieht.
Beeindruckend war insbesondere der krasse Unterschied vom Musterschüler Singapur zum chaotischen Bangkok. Das lässt einen die Frage stellen: warum entwickeln sich Wirtschaften und Gesellschaften so unterschiedlich? Anfang des zwanzisgsten Jahrhunderts war Singapur eine Stadt voller Opiumabhängiger (über 50% der Staatseinnahmen kamen aus dem Opiumgeschäft, ein Großteil der Bevölkerung nahm die Droge mindestens gelegentlich, viele Gastarbeiter brachten das ganze Geld damit durch) und nachdem die Briten ihr Kolonialreich aufgaben sah man die Stadt als zu klein an um eigenständig überleben zu können. Heute ist Singapur einer der Staaten mit dem höchsten BIP pro Kopf: Für 2015 wird es auf knapp 53000 US-Dollar geschätzt, und dürfte weiter gestiegen sein. Zum Vergleich, Deutschland liegt bei 42000 Dollar, die Nachbarn Malaysia (9800) und Indonesien (3300) sind extrem weit abgeschlagen. Für einige wie Kambodscha kann man es mit der politischen Situation erklären, auch der Status als Bankenzentrum kommt Singapur sicher zugute – trotzdem ist es einfach beeindruckend zu sehen, was die Stadt in wenigen Jahrzehnten erreicht hat.

Auch zwischen den Singapurer Hochhäusern bleibt noch ein wenig öffentliches Grün

Auf der anderen Seite sind spürt man sehr deutlich das Gefälle sobald man über die Grenze nach Malaysia kommt: es ist lauter, dreckiger und schlechter organisiert, die Preise niedriger, die Infrastruktur nur noch so ok. Und in Bangkok kommt man zu Fuß kaum über die Straße, Taxifahrer bescheißen oder können nicht mal lateinische Buchstaben lesen, die Kanäle stinken, fast alles ist irgendwie etwas chaotischer (was natürlich trotzdem seinen Charme hat).

Wie lässt sich das also erklären? Meine Meinung ist folgende: Singapur hat zunächst enorme Anstrengungen unternommen um eine nicht korrupte und effiziente öffentliche Verwaltung aufzubauen. Kriminalität wurde effektiv bekämpft, Korruption gibt es höchst selten, öffentliche Ressourcen (wie Land) werden im Sinn der Öffentlichkeit genutzt – statt die Leute irgendwo bauen zu lassen werden staatlich geförderte Wohnhochhäuser gebaut, die dann auch gut an den Nahverkehr angeschlossen und gleichzeitig eine große Zahl innerstädtische Grünanlagen erhalten. Darüber hinaus ist das Bildungssystem sehr gut und der Staat versucht Forschung, Bildung und Entwicklung zu fördern.
Aber wenn die öffentlich sichtbarsten Sachen so gut funktionieren, dann kann man mit Recht vermuten dass die internenen Prozesse ebenfalls gut geplant und effizient laufen. Singapur hat den weltweit zweiten Rang im “Ease of doing Business Index” der Weltbank und ist im Korruptionsindex von Transparency International das mit Abstand beste Land der Region.
Auf Südostasien bezogen ist Malaysia der nächstbeste Staat, und hat tatsächlich ebenfalls das zweitbeste BIP pro Kopf. Ähnliches sehen wir übrigens in Europa, wo die nordischen Länder die südlicheren nicht nur in Korruptionsvergleichen, sondern auch in der Wirtschaft regelmäßig schlagen, und die besonders korrupten Regionen wie Süditalien, Griechenland und zum Teil Osteuropa im Gegenteil zu Irland eben keine rasante Aufholjagd hinlegen.

Für mich bedeutet das vor allem folgendes: Die langfristige wirtschaftliche Entwicklung wird stark von administrativen Bedingungen beeinflusst. Eine gute Verwaltung, Rechtssicherheit und Korruptionsbekämpfung sind dabei mit die wichtigsten Punkte, um die Wirtschaft effektiv arbeiten zu lassen.

Was das konkret für Auslandsinvestitionen heißt

Was heißt das nun für mich? Ich habe vor, meine Investitionen langfristig stärker zu diversifizieren. Im Moment ist der wesentliche Teil auf Deutschland konzentriert, langfristig sollten aber auch andere Märkte stärker werden. Insbesondere Schwellenländer mit dem Potential zu den führenden Industrienationen aufzusteigen sind dabei interessant.
Hierfür werde ich aber stark auf folgende Punkte achten:

  • Die Korruption sollte vergleichsweise gering sein oder in der letzten Zeit deutlich verbessert haben, die Regierung sollte explizit Korruption bekämpfen
  • Die politische Situation sollte nicht zu instabil sein
  • Rechtssicherheit / unabhängige Justiz muss gewährleistet sein
  • Der Bildungsstand sollte gut sein oder zumindest sich bessern
  • Es sollte erkennbar sein, dass der Staat Probleme angeht und Regeln durchsetzen kann
Auch die kulturelle und religiöse Vielfalt und Offenheit macht (beim richtigen Umgang damit) eine Gesellschaft stark

Vor diesem Hintergrund ist in Asien Singapur ein Musterstaat (Japan, Hong Kong und Taiwan auch ganz gut), Malaysia im Mittelfeld aber wesentlich vor China oder Indien und Thailand, Kambodscha etc eher problematisch. Laos, Myanmar und Indonesien haben in den letzten Jahren sehr gute Fortschritte gemacht, sind aber noch auf niedrigem Niveau. Gerade die Verbesserungen in Indonesien und der Eindruck den der aktuelle Regierungschef macht, lassen das Land, immerhin mit 250 Mio eines der weltgrößten, auch als Investmentziel interessant erscheinen. In Afrika zeigt Senegal eine gute Tendenz, in Südamerika scheinen Uruguay und Chile die Länder der Wahl zu sein. Ich werde auf jeden Fall die Augen offen halten und bei geeigneten interessanten Möglichkeiten meine Diversifizierung verbessern.

Städte wie Singapur zeigen, was für ein enormes Potential in den asiatischen Volkswirtschaften stecken kann, dass Asien in Sachen Modernität uns keineswegs hinterherhinkt und stellenweise sogar ein Stück weiter scheint. Somit wäre es doch dumm, sich einzig auf den heimischen und amerikanischen Markt zu konzentrieren, oder?

4 Gedanken zu „Ins Ausland investieren, und wenn ja wo?

  1. Ich stimme dir prinzipiell zu, die Probleme hast du ja eh aufgezählt. Ich habe nur meistens überhaupt keine Ahnung von den Unternehmen dort, die sagen mir nichts. Es bedeutet jedenfalls viel Arbeit, da rein zu kommen.

    Ich selbst versuche mir schon länger einen Überblick über die osteuropäischen Aktienmärkte zu verschaffen, bisher habe ich jedoch noch nichts gefunden, wo ich mir denke “die Aktie muss ich mir unbedingt kaufen”.

    Eine andere, risikolosere Variante zu investieren, ist über westliche Unternehmen, die wiederum selbst ihre Präsenz in aufstrebenden Ländern ausbauen. Das machen ja doch einige. (Go-Ahead expandiert zB gerade nach Singapur, zu dem ich sonst nicht viel sagen kann).

    LG
    Tom

    1. Hey Tom – ja in der Tat habe ihc mich in Osteuropa auch schon ein wenig umgeschaut. Und man könnte argumentieren dass Steico ja die meiste Wertschöpfung in Polen schafft, aber direkt dort habe ich (bei meiner recht kurzen Recherche) auch nichts hundertprozentig überzeugendes gefunden. In einigen Osteuropäischen Ländern würde ich mir durchaus auch um Rechtsstaatlichkeit (Orban) oder Korruption Sorgen machen, was wie gesagt recht wichtige Punkte der langfristigen wirtschaftlichen ENtwicklung zu sein scheinen.

      Die britischen Verkehrsgesellschaften finde ich im übrigen gerade auch sehr interessant, nur die geringen Kapitalquoten machen mir doch Sorgen. Aber die Kurse sind zumindest nicht besonders hoch aktuell 🙂

  2. Danke für das Teilen deiner Eindrücke und den Artikel!

    Es ist unser Eindruck, dass viele der in deutscher Sprache agierenden Valueinvesting Blogger einen starken Fokus auf Deutschland (Europa haben). Nun sind die hiesigen Märkte aber sehr hoch bewertet im Allgemeinen und zudem ist die Anzahl der Shareholder freundlichen Unternehmen im Vergleich mit anderen Ländern unserer Wahrnehmung nach eher niedrig.

    Auch aufgrund von Diversifikation finden wir ich erstrebenswert, Unternehmen aus verschiedenen Regionen zu halten.

    Wer sich zudem die Mühe macht, etwas undurchsichtigere Märkte zu screenen und zu verstehen, wird am Ende tendenziell belohnt da die Masse das eben nicht tut.

    China bspw. empfinden wir als interessant – nicht den Markt als Ganzes aber einzelne Titel wie Netease (NTES, WKN: 501822) mit denen wir sehr gut gefahren sind (30%+ Return) – siehe Artikel. https://www.thevaluecircle.com/netease-world-of-william-ding/

    Aufgrund der Volatilität kann es durchaus sein, dass ein Einstieg in Netease auch jetzt noch interessant ist.

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