COVID19 und die Auswirkungen

Der Anlass dieses Posts dürfte jedem klar sein – es ist die Frage der Auswirkungen der aktuellen Seuche und der Gegenmaßnehmen auf die Wirtschaft. Auf kurzfristige Börsenschwankungen reagiere ich ja eigentlich generell nicht, aber ich bin mir momentan nicht mehr sicher ob dies tatsächlich kurzfristig ist.

Dennoch darf ich nicht vergessen: meine Strategie ist das langfristige Investieren in Unternehmen, nicht die kurzfristige Spekulation.
Dazu gehört nicht in Panik alles zu verkaufen, sondern zuvor ein Portfolio zusammenzustellen, welches in guten wie in schlechten Zeiten seinen Wert behält!

Wir haben gerade den härtesten Absturz an der Börse seit der Lehman-Pleite erlebt und unser Land fährt kollektiv alle nicht notwendigen Zusammenkünfte von Menschen herunter so weit es geht.

Dazu möchte ich zunächst sagen: Auch wenn dieser Blogpost sich nicht mit den menschlichen Tragödien in überlasteten Krankhäusern befasst, ich halte die Maßnahmen für richtig und wichtig. Im Zweifel ist die Gesundheit mehr wert als Geld und wir sollten um die Opfer der Seuche trauern, nicht um entgangene Buchgewinne! Da ich aber hier einen Börsenblog habe möchte ich dieses Thema aussparen und die Börse betrachten.

Bei mir persönlich bedeuten die aktuellen Maßnahmen das: In meiner Firma verpflichtendes Home-Office für alle (was in der Softwareentwicklung nicht weiter dramatisch ist eigentlich), gravierender aber der Ausfall der Betreuung meines Sohnes im Kindergarten. Dies könnte bedeuten, dass ich die Arbeitszeiten verlegen und mit meiner Frau so abstimmen muss, dass jeweils einer die Betreuung übernimmt – nicht optimal für die Produktivität und Kommunikation mit Kollegen. Für meine Frau ist die Situation dazu noch ziemlich unklar…

Die Maßnahmen bedeuten auch, dass eine für April gebuchte Reise (mit dem Nachtzug nach Budapest) wohl ausfallen muss, auf die wir uns schon sehr gefreut hatten.

Es trifft das wirtschaftliche Leben aber auch allgemein sehr hart: Für meine Eltern, die Ferienhäuser vermieten, dürften mindestens Einnahmen aus Klassenfahrten fehlen, aber je nach Lauf der Dinge könnte es auch mehr Ausfälle geben. Für Bekannte im Bildungssystem ist gerade fast alles unklar, freie Dozenten z.B. könnten hier Probleme bekommen. Ich kenne keine Kneipenbesitzer persönlich, aber ich möchte gerade sicher nicht in ihrer Haut stecken.  Insbesondere ist aktuell überhaupt nicht klar, wer die ganzen Ausfälle im Service- und Tourismusgeschäft tragen wird. Der Staat? Die Angestellten? Die Unternehmen? Alle Optionen haben ihre eigenen Probleme, aber allein die Möglichkeit der letzten beiden dürfte bedeuten dass sich in diesem Sektor bald Entlassungen und Insolvenzen häufen dürften.

Bei ungünstigem Ausgang würde dies wiederum auf Banken und die Gesamtwirtschaft durchschlagen. Der Abschwung (der gerade in der Industrie bereits im vollen Gang war) würde sich erheblich verstärken.

Wird das so kommen? Ja. Ich gehe davon aus, dass wir eine handfeste Rezession mit ansteigender Arbeitslosigkeit, Insolvenzen etc bekommen. Besonders in den USA, wo Kündigungen viel schneller ausgesprochen werden können als in Europa, und ein unfähiger Präsident um seine Wiederwahl fürchtet und daher die Problematik lange verharmlost hat.

Verkaufe ich deshalb meine Aktien?

Ich bleibe voll investiert.

(Ich habe allerdings die Sixt-Vorzüge komplett bei knapp unter 50€ verkauft und im Wikifolio dazu Wizz Air und Hypoport minimiert um umzuschichten. Mehr dazu zum Schluss.)

Joachim Klement hat in seinem Blog sehr schön beschrieben was die Optionen in einem Börsencrash sind. Es gibt genau zwei: Verkaufen oder investiert bleiben.

Wer verkauft muss zwei extrem schwierige Entscheidungen treffen: wann man aussteigt, und wann man wieder einsteigt. Ich bin extrem schlecht darin und meine Intuition eher ein Kontraindikator. Es ist daher wahrscheinlich dass ich zu spät aussteige und entweder zu früh oder zu spät wieder einsteige, und dazu noch eine Menge Stress habe.

Ich bleibe daher voll investiert mit einer Quote zwischen 90 und 100%.

Verkauf Sixt und Wizz Air, Kauf Mutares und Protector

Nun habe ich dennoch eine gewisse Handelsaktivität gezeigt und Sixt und Wizz Air verkauft. Gerade bei Sixt bin ich mir von Anfang an über den zyklischen Charakter des Geschäfts klar gewesen. In der Vergangenheit gab es nach Krisen (nach Dotcom-Crash und der Finanzkrise) mehrere Jahre mit eher schwachen Margen, selbst wenn die Umsätze sich schon wieder erholt hatten. Ich führe das auf die Geschäftsreisen zurück, die erst langsam wieder auf alte Niveaus steigen. Die Corona-Pandemie ist nun ein Worst-Case: der Großteil des Geschäftsreisverkehrs kommt ungeplant und kurzfristig zum Erliegen, der Tourismus bricht massiv ein und könnte durch Grenzschließungen dieses Jahr ebenfalls massiv einbrechen. Derweil sind die Kosten – Abschreibung auf Leihwagen, Mieten, Personal – nur relativ langsam zu drücken und laufen weitgehend weiter. Ich würde mich nicht wundern wenn mehr als ein Wettbewerber insolvent geht dieses Jahr.

Ähnlich sieht es in der Luftfahrt aus, dort wird bereits laut nach Staatshilfe geschrien. Die ohnehin angeschlagene Norwegian wird vom norwegischen Staat mit der Aussetzung der Luftverkehrsabgabe unterstützt, aber es ist fraglich wie lange sie überlebt. Auch andere Fluglinien werden vermutlich von ihren Heimatländern Hilfen bekommen. Eventuell kann Wizz Air als einer der stärksten Wettbewerber Marktanteile gewinnen, aber auch Wizz Air muss erst einmal das aktuelle Jahr ohne Kapitalerhöhung überstehen. Bei beiden Werten bin ich aber weiterhin interessiert, belasse sie auf der Watchlist und werde wieder einsteigen wenn die schlechten Nachrichten raus sind und die Kurse sich auf vermutlich deutlich geringerem Niveau als jetzt stabilisieren.

Gekauft habe ich Protector Forsikring und Mutares. Ja, in Protector habe ich bereits viel Geld versenkt, und die Aktie wird weiter billiger. Und ja, ein Versicherung verdient Geld am Kapitalmarkt, das Aktienportfolio (~15% der Anlagen) wird also kurzfristige Verluste für das erste Quartal bringen, das Bondportfolio wird angesichts der eilig gesenkten Zinsen immer unrentabler. Dennoch, Protector hat wie andere Konkurrenten die Preise deutlich angehoben und damit die Umsätze gesteigert während unprofitable Kunden verloren wurden. Gleichzeitig wächst das Geschäft in UK weiter stark. Aktuell ist das Unternehmen zum Buchwert bewertet, wenn das langfristige Ziel von 20% Eigenkapitalrendite wieder erreicht wird besteht daher ein enormes Aufwärtspotential.

Mutares ist sehr ähnlich zu Bavaria Industries, die ich ganz zu beginn des Blogs mal im Depot und Wikifolio hatte. Es werden renditeschwache Unternehmen quasi umsonst übernommen und mit aller Härte saniert. Klappt dies, dann werden diese nach einiger Zeit für etliche Millionen wieder verkauft. In der Zwischenzeit stellt Mutares das Managementpersonal und lässt sich dafür Beratungsleistungen bezahlen. In Crashs ist es natürlich schwierig die Portfoliounternehmen zu verkaufen, allerdings leichter neue Unternehmen zu erwerben. Sollten großflächige Wirtschaftshilfen von Seiten des Staates für die Industrie verteilt werden, dann halte ich es für gut möglich, dass Mutares davon profitiert. Gerade bei den Automobilzulieferern (ein Schwerpunkt von Mutares)  gibt es natürlich das Risiko die Krise nicht zu überleben. Ich glaube aber, dass Mutares dies durch Neuerwerbe wettmachen kann.
Die Dividende soll dieses Jahr bei 1€ je Aktie liegen, bei aktuell unter 9€ Aktienkurs beträgt die Rendite also 11% und sollte das Risiko nach unten etwas abfedern.

Allgemein hatte ich den Anschein, dass aktuell Aktien recht wahllos verkauft wurden. Es hatte mich ziemlich gewundert, dass Sixt und Wizz Air nicht wesentlich stärker gefallen waren als der Gesamtmarkt. Auch Funkwerk oder Sawai, die von der Krise nicht betroffen sein sollten, haben sich stark verbilligt. Selbst Admiral Group, die sogar ein Profiteur der Krise sein könnten und kürzlich erst die Dividende deutlich angehoben hat…
JD.com, die als chinesische Firma die Krise wesentlich früher erleben musste, zählt interessanterweise nach den sehr starken Zahlen und optimistischen Aussagen auch am Aktienmarkt bereits zu den Gewinnern.

Ich rechne allerdings damit, dass sich dies ändert wenn in einigen Monaten die Zahlen veröffentlicht werden. Diese werden zeigen, welche Unternehmen die Krise ohne Probleme meistern und welche nicht. Starke Unternehmen kommen gestärkt durch Krisen und werden die Verluste dann wieder aufholen.

Ich hoffe weiterhin sehr, dass meine Unternehmen zu den starken gehören.
Auch wenn es vermutlich noch weiter abwärts geht sobald die Amerikaner besser verstehen was die Corona-Krise bedeutet: Ich kann kein Timing, also nehme ich den Abschwung voll mit um bei Aufschwung investiert zu sein.

3 Gedanken zu „COVID19 und die Auswirkungen

    1. Im Prinzip, weil ich die Aktie inzwischen für ausgesprochen teuer halte. Vom Unternehmen halte ich nach wie vor eine Menge, aber dass es komplett ungeschoren davon kommt glaube ich nicht. Bei tieferen Kursen bin ich aber auch bereit wieder einzusteigen.

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