Meine Bankenwette

Im Moment gibt es an der Börse ja kaum noch Unternehmen, die wirklich günstig aussehen. Fast alle Firmen werden weit über ihrem Buchwert, also dem Eigenkapital der Aktionäre, gehandelt, und die anderen haben meist irgendwelche Probleme.

Eine ganze Branche mit erheblichen Problemen sind europäische Banken – was dazu führt, dass auch nach dem Stresstest der EZB viele noch weit unter dem Buchwert notieren. Ich habe schon vor einem halben Jahr über die Unterbewertung der Banken geschrieben und mich danach entschieden auf die Deutsche Bank und Société Générale zu setzen. Auch nach dem Stresstest lässt eine Erholung auf sich warten, so dass ich mich noch einmal mit dieser Investition und dem Bankensektor beschäftigen sollte.

Operative Lage der Banken

Im Moment stehen die Banken in der gesamten Eurozone vor mehreren Problemen:

  • Zunehmende Regulierung: Nach Jahren der Deregulierung, die in die Finanzkrise 2008 mündeten, werden die Vorschriften weltweit zunehmend schärfer und belasten die Renditen. Viele Banken mussten zusätzliches Kapital aufnehmen.
  • Niedrige Zinsen: Das extrem niedrige Zinsniveau, bis hin zu negativen Einlagezinsen bei der Zentralbank, die Nullverzinsung sicherer Staatsanleihen und die flache Zinskurve (geringe Unterschiede der kurz- und langfristigen Zinsen) graben dem Kerngeschäft die Gewinne ab. Vergleichbar ist der Zinssturz fast schon mit dem Ölpreissturz für die entsprechenden Ölkonzerne.
  • Digitalisierung: Immer mehr Kunden wandern zu günstigeren Direktbanken im Internet ab, viele andere erwarten aber trotzdem eine Filiale in ihrer Nähe zu finden – klassische Banken müssen also bei den Preisen mit Direktbanken konkurrieren, und gleichzeitig den Service der Filialbank für die verbliebenen Offline-Kunden erhalten.
  • Strafzahlungen: Vor allem die US-amerikanischen Behörden haben scheinbar Spaß dabei, immer weitere Milliardenstrafen gegen die Banken zu verhängen. (Oder genaugenommen scheint das Vertrauen in die Banken auch von Seiten der Gerichte komplett erschüttert zu sein). Die betroffenen Banken kostet das schnell den gesamten Gewinn den sie noch erwirtschaften.
  • Schwache Wirtschaft: Die Wirtschaft in Europa hat sich immer noch nicht komplett von der Finanzkrise erholt, insbesondere im Süden bleibt die Entwicklung schwach. Eine Anpassung der Verhältnisse über unterschiedliche Inflationsraten dauert sehr lange (wenn gerade der stärkere Norden geringe Inflation hat), so dass der Süden auch weiter hinterherhängen dürfte. Ohne eine gute wirtschaftliche Entwicklung bleibt aber auch die Nachfrage nach Krediten schwach und die Ausfallraten könnten ansteigen.

Diese Probleme und die benötigten größeren Kapitalpolster haben dazu geführt, dass europäische Banken im Schnitt nur noch auf sehr unterdurchschnittliche Eigenkapitalrenditen kommen. Die Deutsche Bank hatte sich einmal 25% zum Ziel gesetzt – und ist letztes Jahr bei nicht einmal 3% gelandet. Im Ergebnis ist der Börsenwert weit unter den Buchwert gefallen, und das nicht nur bei der Deutschen Bank. Insofern ist es nur logisch, dass die meisten Banken scharfe Kostensenkungsprogramme fahren und Filialen schließen oder ganze Geschäftsbereiche wie das Investmentbanking streichen.

Es kann noch schlimmer werden!

Wenn eine ganze Branche mit Problemen zu kämpfen hat, insbesondere wenn diese so vielfältig sind wie oben beschrieben, dann sollte man nicht denken, dass sie in einem halben Jahr vergessen wären. Es spricht einiges dafür, dass der Bankensektor als solches in den guten Zeiten zu groß geworden ist und nun wieder gestutzt werden sollte.

Insbesondere die Digitalisierung und der damit verbundene notwendige Filialabbau könnte einige Banken noch teuer zu stehen kommen. Eine Verschärfung der Eurokrise oder der Wirtschaftskrise in Süd- oder Osteuropa könnte deutliche Abschreibungen auf Kredite auslösen, ganz zu schweigen von einem möglichen Euro-Aus in Griechenland.

Die Zinsen könnten im aktuellen Umfeld sehr langfristig niedrig bleiben, wie das Beispiel Japan zeigt. Aufgrund der Außenhandelsüberschüsse der EU (und das schon zu deutlich höheren Euro-Kursen), ist genug Kapital vorhanden. Gleichzeitig bringen die Überschüsse einen Aufwertungsdruck auf den Euro. Falls die EZB also irgendwann die expansive Geldpolitik beendet, wertet der Euro auf und die Inflation sinkt, wodurch die Zinsen nicht schnell steigen können. Wahrs

Es wäre also durchaus möglich, dass einzelne Banken immer wieder in die Verlustzone rutschen und weiter an Eigenkapital einbüßen.

Warum es aber auch viel besser werden kann!

Letztendlich glaube ich aber, dass inzwischen der größte Teil der Probleme schon lange in die Kurse eingeflossen ist.

Bei den Zinsen kommt den Banken zugute, dass sie selbst ja auch kaum noch Kosten für ihr Fremdkapital haben. Zudem werden die Darlehenszinsen auch vom Wettbewerb der Banken bestimmt – der natürlich in einem solchen Umfeld nicht zu unterschätzen ist. Wenn man also eine Bank hat, die bei den Kreditrisiken auch im aktuellen Umfeld vorsichtig ist, die nicht zu stark im Filialgeschäft involviert ist und einigermaßen wettbewerbsfähig ist, dann sollte die langfristig auch ihr Kapital wert sein.

Wenn es zu einer Konsolidierung kommt, dann sind ja oftmals die schwächsten Unternehmen diejenigen, die aus dem Markt gedrängt werden. Die starken dagegen werden in der Folge noch stärker. Welche Banken könnten das sein? Und welche sind vielleicht auch aktuell noch unterbewertet?

Ich habe ja, wie ich schon geschrieben habe, zunächst sehr stark bei Banken mit niedrigem Kurs-Buchwert-Verhältnis umgesehen. Wenn ich bei einem KBV von 0,5 einsteigen kann, dann ergibt auch eine Eigenkapitalrendite von 3% für mich im Ergebnis gute 6% !
Dafür ist natürlich entscheidend wichtig, dass tatsächlich das Kapital erhalten bleibt und keine Kapitalerhöhungen durchgeführt werden müssen. Was Kapitalerhöhungen angeht, bin ich nach dem letzten Bankenstresstest einigermaßen optimistisch, dass diese für die Mehrzahl der Banken zunächst nicht nötig sein werden. In meinem letzten Artikel dazu hatte ich mich ja folglich für die Deutsche Bank und die Société Générale entschieden:

Beides sind Universalbanken – sie sind also nicht vollständig vom immer schwierigeren Einlagengeschäft abhängig. Die Regulierung im Investmentbanking erschwert ihnen natürlich auch das Geschäft. Da das für alle Konkurrenten gilt, sollte der Wettbewerb aber langfristig nachlassen, nachdem sich viele Banken hier zurückziehen. Die Vermögensverwaltung ist von den oben aufgeführten Problemen wenig betroffen, hier wiegt eher der Vertrauensverlust der Kundschaft schwer (der aber nicht viel schlimmer werden wird). Zudem haben beide einen so deutlichen Abschlag auf den Buchwert und gleichzeitig weiterhin operative Gewinne, dass ich die Strafzahlungen von der Höhe her für ärgerlich aber nicht bedrohlich halte. Gerade bei der Deutschen Bank könnte eine Abspaltung von Teilen wie der Postbank, sowie die eingeleiteten Kostensenkungen zu Steigerungspotential führen.

Eine andere Bank ist mir erst neulich aufgefallen: Die Aareal Bank AG. Auch die Aareal Bank wird mit einem Abschlag zum Buchwert gehandelt – hat aber in den letzten Jahren ordentliche Gewinne gemacht. Die Spezialisierung sind Immobilienfinanzierungen. Die Probleme der Digitalisierung und Filialschließungen kümmern die Aareal Bank im Prinzip gar nicht, mit Rechtskosten und Skandalen wird sie auch nicht gerade in Verbindung gebracht. Auch in den letzten Jahren wurden stetige Gewinne erzielt, weit bessere Renditen als z.B. die Deutsche Bank hatte. Einzig die niedrigen Zinsen machen der Bank zu schaffen – wie auch allen anderen Banken. Gerade dass dieses Problem allen Banken zu schaffen macht, macht mich optimistisch! Denn dauerhaft können nicht alle mit niedrigsten Gewinnen leben – also wird der Wettbewerb hier helfen, die Margen mittelfristig auf ein normales Niveau zu bringen. Denn gerade das Geschäft mit der Kreditvergabe ist Hauptaufgabe und Kern einer Bank, und [so lange der Kapitalismus nicht abgeschafft wird] wird er weiter bestehen.

Aus diesem Grund habe ich mich entschlossen, die Aareal Bank als dritte Position meiner Bankenwette ins Musterdepot-Wikiolio zu übernehmen. Ich habe damit nun ein deutliches Übergewicht an Banken. Ich bin aber überzeugt davon, dass die Wahrscheinlichkeit von Verlusten hier eher gering ist (da die Probleme weitgehend eingepreist sind), während einige Banken durchaus zu den Gewinnern einer Konsolidierung zählen könnten.

Weiterer Profiteur: Online-Banken/-Broker

Eine weitere Art von Banken habe ich bisher nicht behandelt: reine Online-Angebote. Der Grund ist, dass diese in der Regel entweder gar nicht an der Börse sind, oder schon recht teuer. Bestes Beispiel ist die Comdirect Bank (deren Aktien ich auch eine Zeit lang hatte): Die Dividendenrendite ist außergewöhnlich hoch – denn sie kann im Prinzip den ganzen Gewinn ausschütten. Kapital benötigt sie wenig, da sie vor allem das Online-Broker-Geschäft betreibt. Dieses profitiert von gleich zwei der genannten Probleme: Die Digitalisierung zum einen bringt Kunden, die ihre Bankfiliale ohnehin kaum aufsuchen zum wechseln zu reinen Onlineangeboten. Das gesunkene Vertrauen in die Bankberater bringt zudem Anleger dazu, selbst zu entscheiden und Aktien zu handeln – wozu günstige Online-Broker völlig ausreichend sind.

Der Zinsüberschuss geht hier zwar auch beständig zurück, allerdings wird das durch die steigenden Kunden- und  Orderzahlen bei weitem ausgeglichen. Sollten die Zinsen wieder steigen, wäre eine Bank wie Comdirect für mich erste Wahl (selbst bei der aktuellen hohen Bewertung). Allerdings glaube ich, dass sie für einige Jahre auf dem aktuellen Niveau verharren dürften. Insofern warte ich hier noch etwas ab, unter einem 15er KGV würde ich aber auch hier über einen Einstieg nachdenken…

Fazit

Banken sind essentiell für die kapitalistische Wirtschaft, ihr Kerngeschäft wird daher immer überleben. Da ich die Verlustgefahr im Moment für gering halte, dürften die stärkeren und von weniger Problemen betroffenen Banken mindestens ihr Eigenkapital wert sein, und die Bewertung an den Börsen tendenziell zu niedrig. Ich wette daher auf eine Erholung. 🙂

6 Gedanken zu „Meine Bankenwette

  1. Hallo,

    die Frage lautet ja eigentlich: Traust Du dir zu die Bilanz einer Bank RICHTIG zu bewerten?. Ich muss dass für mich eindeutig mit NEIN beantworten. In diesem Bereich lässt sich viel manipulieren und es können jede Menge Risiken enthalten sein die kein Mensch überblickt. Auch bei der Aareal Bank weist du nicht wie weit die Kredite mit guten Gläubigern hinterlegt sind und nach einem Platzen der Immobilienblase kanns auch ganz schnell gefährlich werden. Ich sehe in dem Bereich zu viele Risiken in Anbetracht der möglichen Chancen bzw. ich nehme lieber relativ sichere 5% mit als mein Vermögen mit einem nicht kleinem Prozentsatz zu verzocken nur um die Chance zu haben es evtl. auch zu verdoppeln. Wie gesagt ich kritisiere das Anlegeverhalten keinesfalls sofern sich jeder dem Risiko bewusst ist.

    1. An der Stelle hast du natürlich recht – ich verstehe die Bankbilanzen nicht hinreichend gut. Im Normalfall, d.h. wenn Banken wie Autokonzerne bewertet wären, würde ich daher auch die Finger davon lassen. Dennoch hat sich historisch erwiesen, dass Banken in der Regel sehr profitabel sind, bis sie gelegentlich in Finanzkrisen oder durch Fehlspekulationen kaputtgehen.
      Ich sehe dieses Risiko im Moment aber als geringer an, als im Durchschnitt – einfach weil gerade weltweit die Regulierung verschärft wird, Risikogeschäfte von den Behörden unter Druck gesetzt werden und die Banken das Thema auf der Agenda haben.

      Prinzipiell riskant ist bei Banken ja, dass ihre Verluste in der Regel viel plötzlicher auftreten als bei Industrieunternehmen, die meistens langsam abrutschen. Man kann also nicht rechtzeitig aussteigen, wenn man die Meldungen verfolgt.

      Die größere Angst habe ich jetzt aber davor, dass Banken aufgrund von Renditeschwäche anfangen, neue riskante Geschäfte einzugehen, oder sich in den wenigen guten Bereichen gegenseitig zu sehr das Wasser abgraben. Dann könnte die Schwäche wesentlich länger anhalten, als ich es im Moment vermute.

      1. Ich verstehe noch nicht so ganz, warum du trotz deiner eigenen Kritik an der Bankenbranche in einzelne Unternehmen aus ihr investierst.
        Du selbst gibst zu, dich nicht auf die Bilanzen der einzelnen Banken zu stützen, sondern auf die Tatsache, dass die Branche allgemein unter Buchwert notiert.
        Wäre es da nicht sinnvoller, einen ETF zu erwerben, anstatt auf die “Erholung spezieller Banken zu wetten”?
        Hinzu kommt, dass große Banken von der Regulierungswelle in ihrer Profitabilität eingeschränkt werden und immer mehr Konkurrenz von Direktbanken via Internet erhalten.
        Ich stimme dir vollkommen zu, dass die Bankenbranche sich momentan in einem zyklischen Tief befindet, halte es dagegen aber für unangebracht, auf einzelne Banken zu setzen.
        Sollten sich diese durch herausragendes und konservatives Management auszeichnen, wäre die Lage wieder anders, aber pauschale Urteile erscheinen mir gewagt.
        Interessieren würde mich noch, ob du deine “Bankenwette” bewusst als Spekulation fährst oder sie als Graham´sches Value Investment siehst.

        1. Ich würde ebenfalls bei dieser Branche am ehesten ETF`s kaufen. Da beim Thema Bankbilanzierung noch wesentlich mehr gedreht werden kann, als bei Industrieunternehmen (Verrechnungen, wesentlich unklarere Bewertungen von Risiken) usw.
          Entsprechend sollte man hier, wenn überhaupt, diversifizieren.

          Grüße

        2. Im Prinzip hast du recht, dass ein ETF hier ebenfalls eine Möglichkeit wäre. Allerdings gibt es schon einige chronisch unprofitable Banken (siehe Commerzbank…), die ich nicht unbedingt haben will. Bei einem ETF auf europäische Banken könnte zudem ein guter Anteil von griechischen Banken dabei sein, die mir auch zu riskant wären.
          Die zunehmende Regulierung ist schon seit 5 Jahren in den Jahresgewinnen zu sehen – trotzdem gibt es die großen Banken mit geringem Kurs-Gewinn-Verhältnis und 3% Dividendenrendite. Da zu kaum einer Zeit die Banken so intensiv von der Bankenaufsicht unter die Lupe genommen worden sind wie in den letzten Jahren, und selbst auch nach der Finanzkrise für die Risiken sensibler sind, habe ich wenig Angst dass auf einmal riesige Kreditausfälle Löcher in die Bilanzen reißen. Angesichts der Dividendenrendite sind viele Banken ohnehin auf dem aktuellen Niveau mit niedriger Profitabilität interessant. Ich sehe Banken daher nicht als Spekulation, sondern durchaus als Investition die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gute Erträge liefern wird.
          Die Aareal Bank halte ich übrigens für ein Beispiel von gutem konservativen Management. Betrachtet man die Zahlen durch die Finanzkrise, die ja gerade im Bereich der Immobilienfinanzierung ausgebrochen ist, sind die Gewinne durchaus beeindruckend. Dazu nutzt sie jetzt im Nachgang die Gelegenheit, günstig Konkurrenten einzusammeln (Westimmo Übernahme) und erzielt damit Extra-Erträge.

          Kurz gesagt: Ich kann zwar vieles nicht so gut einschätzen, aber bin der Überzeugung dass sich schon das Vermeiden unprofitabler Banken positiv auswirken kann. Und lieber nehme ich eine Deutsche Bank zum halben Buchwert als eine ThyssenKrupp zum 4-5-fachen^^
          Aber ich sollte in zwei bis drei Jahren mal schauen, ob meine Wahl tatsächlich besser war als ein Banken-ETF gewesen wäre.

  2. Ich halte die Banco Santander für sehr interessant. Bin selbst auch schon länger investiert, die letzte Kapitalmaßnahme war für einen Anleger aber eine Frechheit.
    Langfristig hoffe ich aber immer noch, dass die Spanische Krise sich löst und dass die Märkte Südamerika für die Banco Santander ein großer Erfolg werden.

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